Man denkt, dass das Leben eines Seglers aus Faulenzen an einem weißen Sandstrand mit Kokospalmen besteht. Tatsächlich gibt es aber auch die Kehrseite der Medaille… Hier ein kleiner Reality-Check.
Schlechte Segelbedingungen
Wir hatten erfolglos drei Wochen lang auf einen Wind gewartet, der uns nach Tahiti treibt. Schließlich sind wir von Rangiroa aus (siehe letzter Artikel hier) mit einem Wetterbericht gestartet, der wenig Wind ankündigte, in der Hoffnung, dass es mehr Wind geben würde als angekündigt. Nun, wir mussten 2/3 der Strecke unter Motor zurücklegen, was ungefähr 50 Stunden unter Motor entspricht. Und der letzte Teil der Strecke nach Taravao, entlang der Halbinsel von Tahiti, war sehr unangenehm, mit Schwell von 3 Metern von der Seite.
Wasser im Öl des Saildrives
Auf unserem Segelboot haben wir einen Saildrive SD50 (das Teil, das den Motor mit dem Propeller verbindet). Ein Biest, das uns schon viel Schweiß, Diskussionen und Geld gekostet hat. Bereits 2018 mussten wir den Konus des Saildrives auf Martinique austauschen lassen (eine Kleinigkeit für 1300 Euro, siehe auch den Beitrag hier). Dies, obwohl unser Motor noch keine 500 Betriebsstunden auf dem Buckel hatte.
Im November 2022 hatten wir bereits festgestellt, dass der Ölstand in unserem Saildrive gestiegen war. Wir hatten einen Ölwechsel vorgenommen. Da das Öl durchsichtig war, keine Mayonnaise, die bei einem Wasser-Öl-Gemisch hätte entstehen müssen, hatten wir einfach neues Öl eingefüllt.
Wir kontrollierten den Ölstand während unsere Reise in die Tuamotu regelmäßig. Es ist langsam gestiegen. Schließlich, als wir in Tahiti ankamen, trat das Öl aus, sobald der Tankdeckel abgenommen wurde. Das bedeutete also mehr als 1 dl Wasser für 2,2 l Öl in 150 Motorstunden. Also dreimal so viel wie im November.
Ungeplantes Haul out
Willi kontaktiert einen Spezialisten in der Schweiz. Er bestätigt uns, dass die Dichtungen des Saildrives nicht mehr dicht sind. Wenn man Salzwasser in den Saildrive lassen würde, könnte dieser korrodieren. Um die Dichtungen auszutauschen, muss man aber leider das Boot aus dem Wasser nehmen (Haul out).
Eigentlich hatten wir geplant, das Boot auf den Fidschi-Inseln herauszuholen und dort das Antifouling zu erneuern. Aber wir trauen uns nicht, eine so lange Überfahrt mit Motor-/Saildrive-Problemen zu machen. Nach vielen Diskussionen beschließen wir, zu fragen, ob wir das Boot in Taravao herausholen können. Dort hatten wir letztes Jahr schon das Boot aus dem Wasser rausgenommen (siehe Beitrag hier). Zum Glück bietet uns Yvan an, dies am übernächsten Tag zu tun. Willi verbringt dann seinen Nachmittag damit, im Internet nach Anleitungen zu suchen und und den nötigen Werkzeugen zu organisieren um diese Dichtungen zu wechseln. Zum Glück hatten wir die notwendigen Dichtungen schon im November gekauft.
Neues Antifouling
Es war abgemacht, dass wir das Boot nur für 24 Stunden herausholen, also gerade genug Zeit, um die Dichtungen zu wechseln. Aber schließlich, da Yvan seine Arbeiten früher beendet hatte, konnten wir das Boot einen Tag früher herausholen (48 Stunden bis zum nächsten Kunden). Yvan kann mir ein Antifouling besorgen, das mit dem vorherigen kompatibel ist. Also beschließe ich, das Antifouling des Bootes zu erneuern, Wir wechseln von Antifouling von Pacifica Plus in grün zu Antifouling von Trilux33 in schwarz.
Willi konzentriert sich auf die Demontage des Saildrives. Die Schrauben sind korrodiert, alles klemmt und er braucht drei Stunden (und viele Schimpfwörter), um es zu demontieren…
Ich verbringe also den ersten Tag allein, um den Rumpf vorzubereiten und einen ersten Topf Antifouling-Farbe aufzutragen. Um 17:30 Uhr beschließe ich, den zweiten Topf Farbe nicht anzufangen, obwohl ich nur ¾ des Bootes neu gestrichen habe. Wenn man ein Twinkielboot hat, muss man zwei Kiele streichen und vor allem den ganzen Bereich zwischen den Kielen. Also stundenlanges Streichen mit den Armen in der Luft über dem Kopf. Muskelkater sind garantiert.
Sauwetter
Am Abend schaue ich mir im Internet den Wetterbericht an. Sie sagen für die nächsten zwei Tage Regenschauer und starken Regen voraus. Ich kann nicht schlafen, ich habe zu viel Angst, dass wir wegen des Regens das Boot nicht fertig streichen können. Schließlich stehen wir um 5 Uhr morgens auf, um den ersten Anstrich zu beenden, es ist kaum hell. Gegen 6:30 Uhr beginnen die Regenschauer. Ich trockne das Boot mindestens viermal ab, um noch ein bisschen weiter streichen zu können… Wir würden gerne eine dritte Schichte Antifouling direkt unter der Wasserlinie auftragen. Schließlich kommt ab Mittag die Sonne heraus und bis zum Abend gibt es kein Tropfen Regen mehr. Wenn ich das gewusst hätte…
Schlechte Nachrichten
Das großte Problem beim Reisen ist, dass man weit weg von seiner Familie und seinen Freunden ist. Man verpasst viele schöne gemeinsame Momente (Geburt, Geburtstagsfeiern, Weihnachten usw.). Am schlimmsten ist es jedoch, wenn man schlechte Nachrichten wie Unfälle oder Todesfälle erhält. Man fühlt sich am anderen Ende der Welt sehr hilflos. Man fragt sich, wie man ihnen helfen könnte, ob man zurückfahren sollte, ob man das Boot allein am Ankerplatz zurücklassen kann, ob eine dreitägige Reise möglich und machbar ist… Dieses Mal erhielten wir die traurige Nachricht, dass unsere Schwägerin gestorben ist. Es gibt schwere Entscheidungen zu treffen, was können wir tun, wie können wir helfen, wie können wir denen beistehen… Nach mehreren Telefonaten beschließt Willi, nicht zurück nach Deutschland zu fliegen, sondern bei mir auf dem Boot zu bleiben. Unsere Stimmung ist auf dem Tiefpunkt für mehrere Tagen. Es fällt uns sehr schwer, diesen Tod zu akzeptieren. Wir sind von ganzem Herzen und in Gedanken bei der Familie.
Wartungsarbeiten mit Hindernissen
Normalerweise verbringen wir zwischen 30 Minuten und einer Stunde pro Tag mit Wartungsarbeiten am Boot. Aber wir haben die Tuamotu-Inseln so sehr genossen, dass wir diese ein wenig vernachlässigt haben. Wir haben nur den Rumpf gekratzt und die Dichtungen des Wasserentsalzungsgeräts ausgetauscht. Wir haben die schöne Seite der Medaille genossen und jetzt kommt die Kehrseite der Medaille.
Wir wollen das Boot für unsere Abreise nach Fidschi vorbereiten und nutzen den ruhigen Ankerplatz und die Nähe zur Kleinstadt Taravao: Diesel, Benzin und Petroleum einkaufen, Süsswasser mittels Kanister und Dinghy holen, in den Waschsalon gehen, den Kauf neuer Matratzen organisieren, das Motoröl wechseln, die Dichtung von der Wasserpumpe vom Motor wechseln, das Fett aus dem Dinghy-Motor ablassen und die Dichtungen ersetzen…
Und natürlich dauert alles länger als geplant. Zum Beispiel sind wir extra zu zwei Geschäften für Schiffsbedarf gelaufen, um die Originalteile für unseren Dinghy-Motor zu kaufen. Letztendlich haben sie uns Dichtungen und Schrauben verkauft, die nicht passten. Und dann ist man ganz schön aufgeschmissen, wenn man vor Anker liegt und seinen Dinghy-Motor nicht mehr starten kann, um das richtige Material zu kaufen… (Danke Romain für den Taxiservice).
Verstopfte Toiletten
Und zum guten Schluss hört die WC-Pumpe nicht mehr auf zu laufen. Da wir einen Schwarzwassertank haben, gibt es mehrere Knicke in unseren Leitungen. Und dort sammelt sich eine Kalk-Fäkalien-Kruste an… Wir verbringen also unseren Sonntag damit, die Rohre auseinanderzunehmen, sie zu reinigen und alles wieder zusammenzusetzen. Ich überlasse es euch, sich den Geruch und den Schweiß bei 35°C vorzustellen…
Die gute Seite der Medaille
Aber wie meine Mutter sagt: Wenn es keine Kehrseite der Medaille gäbe, gäbe es auch keine Medaille!
Und es gibt Tage, an denen wir die Belohnung erhalten und uns daran erinnern, warum wir uns für diese Lebensweise entschieden haben.
Alles sooo wahr!! Wir können euch total nachfühlen mit den beiden Kehrseiten. Die negative Seite versuchen wir so gut es geht zu umschiffen. Ab und zu geht es aber nicht, auch wenn wir im Paradis leben hier in Franz.Polynesien.
Macht weiter so!!
Lieber Gruss von Ahe, wo wir auch auf Wind warten nach Tahiti
Köbi und Pia / SY Lupina
Hallo,
Tja, das Glas ist entweder halb leer oder halb voll…Auch liebe Grüsse von Tahiti, wir hoffen am Mittwoch lossegeln zu können.
Magali
Liebe Beide!
seit Jahren lese ich eure Berichte! Vielen Dank dafür! Dass Ihr immer noch auf Achse, oder besser gesagt im Wasser seid ist nicht selbstverständlich! Ich habe mich manchmal gefragt was eigentlich euere Ziele sind, oder ob Ihr einfach in der Südsee heimisch werden wollt?
Liebe Grüsse ! Manchmal beneide ich Euch, aber nicht immer..
Marcel
Hallo Marcel
Unser nächster Ziel ist Fidji. Wir werden am Mittwoch Richtung Huahine los segeln und dann weiter Richtung Westen.
Leben auf einem Boot ist eben Leben, mit Hoch und Tiefe, wie im Leben am Land… Aber wenn man beide Hände in der „sch…“ hat um die WC zu reparieren, kann man kein Photo für Instagram machen. Wenn man am Cocktail trinken ist (um auf die gelungen Arbeit anzustossen), kann man toll ein Selfie machen 🙂
Sonnige und warme Grüsse (34°C im Boot) aus Tahiti
Magali
Hallo Marcel,
wenn Du technische Unterstützung für das SD50 benötigst, schau auf meiner Seite Gerdamartha.de nach unter Infoseiten. Sonst kannst Du auch mailen.
Viele Grüße von der kalten Nordsee
Jochen
Hallo Jochen
Danke, wir haben mit Deiner Anleitung gearbeitet. die ist wirklich gut. Leider hatten wir keine sleeves. So hatte ich eine 1.5mm Distanzscheibe eingelegt als erstes. Etwas hat leider nicht so funktioniert wir haben wieder Wasser im Öl. Müssen in Fiji schauen was wir noch machen können.
Grüsse aus Polynesia
Willi